Baden geht voran: Schluss mit dem Plastik-Wahnsinn!

Lesedauer

9 Minuten

Thema

Plastikexperiment

Eine Welt ohne Plastik ist undenkbar. Plastik hat massgeblich zum Wohlstand der heutigen Gesellschaft beigetragen und Plastik ist die Lösung für viele Probleme unseres täglichen Lebens. Doch die exzessive Herstellung und Verwendung von Plastik, der vor allem aus Erdöl besteht, sorgt zunehmend für globale Probleme. Verschmutzte Weltmeere, jährlich steigende Mengen an Haushaltsabfällen und gesundheitsschädigender Mikroplastik in Nahrung, Textilien und Kosmetika sind nur die Spitze des Eisbergs. Für uns Badenerinnen und Badener ist die Zeit gekommen, ein Zeichen zu setzen. Mit dem Plastik Experiment möchten wir im März 2020 zeigen, wie einfach und wirkungsvoll Plastik zu reduzieren ist.

Die tägliche (Über-)Dosis

Plastikgegenstände in Box

6.30 Uhr: Ab unter die Dusche – gemeinsam mit dem Duschgel aus dem Plastikbehälter. Dann noch schnell die Zähne putzen mit der Plastikzahnbürste und der Zahnpasta, die sich bereits monatelang in einer Plastiktube befindet. Ein bisschen Deo, Feuchtigkeitscrème und schliesslich noch ein Hauch Parfüm – wovon letzteres meist das einzige ist, das nicht in einer Plastikdose verpackt ist.

7.00 Uhr: Vitamine tanken mit einem Glas Orangensaft aus der PET-Flasche, noch schnell das Müsli im Tupper mit dem Joghurt mischen und in der Tasche verstauen, die Verpackungen im Müll entsorgen und schon ist alles erledigt.

7.30 Uhr: Ab zum Bahnhof und auf dem Weg noch schnell einen frisch gebrühten Cappuccino to go im Pappbecher holen. Oh nein! Die Wasserflasche zu Hause vergessen – dann kommt noch eine Flasche Wasser für den Tag dazu.

Und so geht es weiter durch den Tag. Immer mit dabei: Plastik. Kommt dir das bekannt vor? 

Plastik, ein Zeichen für Fortschritt und Modernität 

Plastik ist Umgangssprache und meint alle möglichen Kunststoffe. Es handelt sich um ein synthetisches Produkt, das durch chemische Reaktionen verschiedener Rohstoffe – allen voran Erdöl – entsteht. Je nachdem, welche Zusatzstoffe beigegeben werden, erhält der Kunststoff eine andere Eigenschaft: weich oder hart, transparent oder undurchsichtig, fest oder flexibel. Der am häufigsten verwendete Kunststoff ist Polyethylen. Er wird zum Beispiel für Müllsäcke, Kabel oder Rohre verwendet.

Nach dem 2. Weltkrieg erlebte Plastik einen Boom. Plastik ermöglichte es, Geld einzusparen und Lieferketten zu vereinfachen: Verpackungen und Flaschen musste nicht mehr zurückgebracht werden, sondern konnten ganz einfach im Müll entsorgt werden. Perfekt für den aufkommenden Massenkonsum! Der Wegwerf-Lebensstil stand lange Zeit für Fortschritt und Modernität und die Nachfrage nach dem Alleskönner stieg rasant an. 

Life in plastic it’s fantastic

Plastik hat viele Vorteile: Es ist günstig in der Herstellung, leicht, temperaturbeständig, bruchfest, wärmedämmend, rein, langlebig – und noch vieles mehr. Das Material ist vielseitig einsetzbar, von der Medizin über die Elektronik, die Mobilität, die Baubranche bis hin zur Verpackungsindustrie. 

Der vielfältige Gebrauch schlägt sich in den Zahlen nieder: Herr und Frau Schweizer produzieren heute rund 90 Kilogramm Plastik pro Jahr. Das ist rund 200  mal so viel, wie noch vor 50 Jahren – Tendenz steigend. Auch unser Nachbarland steht uns in Sachen Plastikverbrauch in nichts nach. In Deutschland werden beispielsweise 320’000 Einwegbecher für Kaffee benutzt – pro Stunde! Weltweit werden pro Minute ungefähr 1 Million Getränkeflaschen aus Plastik verkauft. 2018 wurden rund 359 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert. 

Die Zahlen sind riesig und steigen weiter an. Fakt ist, dass Plastik vieles erleichtert und vieles ermöglicht. Fakt ist aber auch, dass es schlicht zu viel Plastik gibt. Denn alle Vorteile werden zum Problem, sobald aus Plastik Abfall wird. Und das passiert schnell, rund 40% aller Kunststoffe werden nur einmal verwendet und dann weggeworfen.

Fluch und Segen zugleich 

Abfälle am Strand

10 – 20 Jahre dauert es, bis sich eine Plastiktüte zersetzt hat, 450 Jahre bei einer Plastikflasche und bei einer einer Kreditkarte dauert es sogar 1000 Jahre. Zum Vergleich: Ein Öpfelbütschgi braucht für diesen Prozess lediglich 2 Monate. Plastik ist sehr widerstandsfähig und baut sich nur sehr langsam ab. Über die Jahre kommt so eine grosse Menge Abfall zusammen, und so finden wir laut Schätzungen 150 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren, die vielen Meeresbewohnern das Leben kosten.

Plastik zersetzt sich – im Gegensatz zum Öpfelbütschgi – nie vollständig. Übrig bleibt sogenannter “Mikroplastik”, Kunststoffteile, die kleiner als 5 Millimeter sind. Diese sind überall zu finden – mitunter auch in unserer Blutbahn. Wie das geht? Zum Beispiel über Lebensmittel: Eine Plastiktüte zerfällt im Meer, ein Fisch nimmt Mikropartikel über die Nahrung auf und wir essen den Fisch. Voilà! Aber auch Vegetarier bleiben nicht von Mikroplastik verschont, in Böden und somit in Rüebli, Mais und co. findet sich ebenfalls Mikroplastik. 

Mikroplastik wird von der Industrie auch ganz bewusst eingesetzt, etwa bei synthetischen Textilstoffen oder in Kosmetikprodukten. Gemäss einer WWF-Studie isst jeder Mensch pro Woche bis zu 5 Gramm Plastik (das entspricht dem Gewicht einer Kreditkarte – en Guäte!). Mikroplastik im Blut, ist das gut? Wir wissen es nicht. Langzeitstudien über die Wirkung von Mikroplastik im Blut beim Menschen sind noch offen. Wir werden es aber wohl oder übel in den kommenden Jahren selbst herausfinden. 

Es gilt zu bedenken, dass es meist nicht das Plastik selbst ist, das gesundheitliche Schäden verursachen kann, sondern dessen Zusatzstoffe. Zur Verbesserung der Eigenschaften wird Plastik mit chemischen Zusätzen wie Weichmachern, Flammschutzmitteln oder Farbstoffen versetzt.  Diese Stoffe werden – zum Beispiel – durch Alkohol und Fette in unsere Nahrungsmittel aufgenommen, sondern sich ins Wasser ab oder dünsten aus und gelangen so in die Luft. Die gesundheitsschädlichen Folgen können u.a. Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen bei Babies, Schäden an Nieren und Leber oder Hautprobleme sein. 

Recycling, (k)eine Ausrede

Seit Anfang der 1950er Jahre wurden weltweit rund 8.3 Milliarden Tonnen Kunststoff hergestellt. Über 75% davon sind heute Müll. Mit diesem passiert folgendes:  

  • 14% des Mülls wird recycelt (dabei handelt es sich vor allem um Downcycling zu minderwertigen Produkten)
  • 40% endet in Mülldeponien
  • 14% des Mülls wird verbrannt 

Die restlichen 32% landen in der Umwelt, werden in Mülldeponien gelagert oder gelangen in Meere und andere Gewässer. 

Der Abfall von Herr und Frau Schweizer besteht zu rund 20% aus Plastik. Etwa die Hälfte davon wird recycelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, werden in der Schweiz bereits seit 2000 keine brennbaren Abfälle mehr deponiert, d.h. die Kunststoffabfälle in der Schweiz werden alle umweltverträglich stofflich oder energetisch verwertet. Und das ist vorbildlich, denn das Verbrennen ist billiger als das Wiederverwerten – und wird aus diesem Grund oft auch bevorzugt. Aber auch unsere Plastikabfälle gelangen mitunter in die Umwelt und die Meere, sei es durch Littering oder durch den Export von Abfällen in den Schwellenländer.

Ein grosses Problem beim Recycling ist, dass es viele unterschiedliche Plastiksorten gibt. Nicht aus allen wird wieder ein Nutzgegenstand. Aus einer PET-Flasche wird zwar wieder eine Flasche, eine PET-Schale (z. B. für Gemüse) wird hingegen nicht recycelt. Auch Folien zu recyceln ist schwierig, die Anlagen dazu fehlen weitgehend. Ein geschlossener Kreislauf, bei welchem z. B. eine PET-Flasche wieder als PET-Flasche eingesetzt wird, ist möglich, aber die Ausnahme. Recycling ist oft «Downcycling» und aus PET-Flaschen wird keine neue Flasche, sondern Fasern für die Textilindustrie, die nicht erneut wiederverwertet werden können. Hinzu kommt, dass das Material bei jeder Behandlung an Qualität verliert. 

Mit Plastik gehen viele Probleme für Mensch und Umwelt einher. Dennoch ist es aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und sollte auch nicht verteufelt werden. Vielmehr gilt es einen Weg zu finden, Plastik zu reduzieren und Alternativen zu finden. Auf Plastiksäcke (die nach durchschnittlich 30 Minuten im Müll landen) und Strohhalme aus Plastik verzichten? Jeder noch so kleine Schritt zählt – und Alternativen gibt es zu Genüge. 

Baden geht voran, wir machen mit und du hoffentlich auch 

Baden will ein Zeichen setzen und ruft die Bevölkerung auf, mit dem Plastik-Wahnsinn Schluss zu machen. Am Ursprung des Experiments steht der Badener Hausarzt Christoph Broens. Er stellte sich vor, wie ganz viele Menschen ein Experiment wagen und einen Monat auf Plastik verzichten. Aus dieser Vorstellung ist Realität geworden. Dutzende Menschen, organisiert in 20 Arbeitsgruppen, tragen auf ganz unterschiedliche Art und Weise dazu bei, dass aus dieser Vision eine Welle ins Rollen gebracht wird, die auf die gesamte Bevölkerung und mit ihr auch die Wirtschaft und Politik überschwappt.

Jetzt ist es soweit. Im März finden in Baden verschiedene Veranstaltungen und Workshops rund ums Thema Plastik statt. Auch wir sind Teil des Plastik Experiments und sind Teil der Arbeitsgruppe Wissen. Dazu haben wir eine Info-Broschüre erarbeitet und unterstützen beim Aufbau des Wissensportals wiki.plastikexperiment.ch

Doch noch viel wichtiger als unser Engagement, ist dein Einsatz: Werde auch du Teil dieser Bewegung und hilf mit, die Zukunft ein Stück lebenswerter zu machen, indem du auf deinen Plastikverbrauch im Alltag achtest und versuchst, Alternativen zu finden. 

Plastikexperiment Baden

7 einfache Tipps für den leichten Einstieg in ein Leben mit weniger Plastik

  1. Habe immer eine eigene Einkaufstasche dabei.
  2. Kaufe komplett unverpackte Lebensmittel ein oder zumindestens nicht in Plastik verpackte.
  3. Trinke Leitungswasser aus einer wiederverwendbaren Flasche.
  4. Hole dein Take-Away-Essen mit einem eigenen Mehrweggefäss.
  5. Sag nein zu Einweg-Plastikgeschirr, -besteck und -röhrli.
  6. Meide Kosmetikartikel mit Mikroplastik (die App Codecheck ist dir dabei behilflich, erhältlich für iOS und Android)
  7. Sprich mit deinem Umfeld über Plastik und sensibilisiere.

Mehr Informationen zum Experiment und zu den Veranstaltungen findest du auf www.plastikexperiment.ch

Zurück zur Übersicht

Baden geht voran: Schluss mit dem Plastik-Wahnsinn!

Autorin: Simone

Lesedauer: 9 Minuten

Thema: Plastikexperiment

Eine Welt ohne Plastik ist undenkbar. Plastik hat massgeblich zum Wohlstand der heutigen Gesellschaft beigetragen und Plastik ist die Lösung für viele Probleme unseres täglichen Lebens. Doch die exzessive Herstellung und Verwendung von Plastik, der vor allem aus Erdöl besteht, sorgt zunehmend für globale Probleme. Verschmutzte Weltmeere, jährlich steigende Mengen an Haushaltsabfällen und gesundheitsschädigender Mikroplastik in Nahrung, Textilien und Kosmetika sind nur die Spitze des Eisbergs. Für uns Badenerinnen und Badener ist die Zeit gekommen, ein Zeichen zu setzen. Mit dem Plastik Experiment möchten wir im März 2020 zeigen, wie einfach und wirkungsvoll Plastik zu reduzieren ist.

Die tägliche (Über-)Dosis

6.30 Uhr: Ab unter die Dusche – gemeinsam mit dem Duschgel aus dem Plastikbehälter. Dann noch schnell die Zähne putzen mit der Plastikzahnbürste und der Zahnpasta, die sich bereits monatelang in einer Plastiktube befindet. Ein bisschen Deo, Feuchtigkeitscrème und schliesslich noch ein Hauch Parfüm – wovon letzteres meist das einzige ist, das nicht in einer Plastikdose verpackt ist.

7.00 Uhr: Vitamine tanken mit einem Glas Orangensaft aus der PET-Flasche, noch schnell das Müsli im Tupper mit dem Joghurt mischen und in der Tasche verstauen, die Verpackungen im Müll entsorgen und schon ist alles erledigt.  

7.30 Uhr: Ab zum Bahnhof und auf dem Weg noch schnell einen frisch gebrühten Cappuccino to go im Pappbecher holen. Oh nein! Die Wasserflasche zu Hause vergessen – dann kommt noch eine Flasche Wasser für den Tag dazu. 

Und so geht es weiter durch den Tag. Immer mit dabei: Plastik. Kommt dir das bekannt vor? 

Plastik, ein Zeichen für Fortschritt und Modernität

Plastik ist Umgangssprache und meint alle möglichen Kunststoffe. Es handelt sich um ein synthetisches Produkt, das durch chemische Reaktionen verschiedener Rohstoffe – allen voran Erdöl – entsteht. Je nachdem, welche Zusatzstoffe beigegeben werden, erhält der Kunststoff eine andere Eigenschaft: weich oder hart, transparent oder undurchsichtig, fest oder flexibel. Der am häufigsten verwendete Kunststoff ist Polyethylen. Er wird zum Beispiel für Müllsäcke, Kabel oder Rohre verwendet.

Nach dem 2. Weltkrieg erlebte Plastik einen Boom. Plastik ermöglichte es, Geld einzusparen und Lieferketten zu vereinfachen: Verpackungen und Flaschen musste nicht mehr zurückgebracht werden, sondern konnten ganz einfach im Müll entsorgt werden. Perfekt für den aufkommenden Massenkonsum! Der Wegwerf-Lebensstil stand lange Zeit für Fortschritt und Modernität und die Nachfrage nach dem Alleskönner stieg rasant an.

Life in plastic it’s fantastic

Plastik hat viele Vorteile: Es ist günstig in der Herstellung, leicht, temperaturbeständig, bruchfest, wärmedämmend, rein, langlebig – und noch vieles mehr. Das Material ist vielseitig einsetzbar, von der Medizin über die Elektronik, die Mobilität, die Baubranche bis hin zur Verpackungsindustrie.

Der vielfältige Gebrauch schlägt sich in den Zahlen nieder: Herr und Frau Schweizer produzieren heute rund 90 Kilogramm Plastik pro Jahr. Das ist rund 200 mal so viel, wie noch vor 50 Jahren – Tendenz steigend. Auch unser Nachbarland steht uns in Sachen Plastikverbrauch in nichts nach. In Deutschland werden beispielsweise 320’000 Einwegbecher für Kaffee benutzt – pro Stunde! Weltweit werden pro Minute ungefähr 1 Million Getränkeflaschen aus Plastik verkauft. 2018 wurden rund 359 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert.

Die Zahlen sind riesig und steigen weiter an. Fakt ist, dass Plastik vieles erleichtert und vieles ermöglicht. Fakt ist aber auch, dass es schlicht zu viel Plastik gibt. Denn alle Vorteile werden zum Problem, sobald aus Plastik Abfall wird. Und das passiert schnell, rund 40% aller Kunststoffe werden nur einmal verwendet und dann weggeworfen.

Fluch und Segen zugleich

10 – 20 Jahre dauert es, bis sich eine Plastiktüte zersetzt hat, 450 Jahre bei einer Plastikflasche und bei einer einer Kreditkarte dauert es sogar 1000 Jahre. Zum Vergleich: Ein Öpfelbütschgi braucht für diesen Prozess lediglich 2 Monate. Plastik ist sehr widerstandsfähig und baut sich nur sehr langsam ab. Über die Jahre kommt so eine grosse Menge Abfall zusammen, und so finden wir laut Schätzungen 150 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren, die vielen Meeresbewohnern das Leben kosten.

Plastik zersetzt sich – im Gegensatz zum Öpfelbütschgi – nie vollständig. Übrig bleibt sogenannter “Mikroplastik”, Kunststoffteile, die kleiner als 5 Millimeter sind. Diese sind überall zu finden – mitunter auch in unserer Blutbahn. Wie das geht? Zum Beispiel über Lebensmittel: Eine Plastiktüte zerfällt im Meer, ein Fisch nimmt Mikropartikel über die Nahrung auf und wir essen den Fisch. Voilà! Aber auch Vegetarier bleiben nicht von Mikroplastik verschont, in Böden und somit in Rüebli, Mais und co. findet sich ebenfalls Mikroplastik.

Mikroplastik wird von der Industrie auch ganz bewusst eingesetzt, etwa bei synthetischen Textilstoffen oder in Kosmetikprodukten. Gemäss einer WWF-Studie isst jeder Mensch pro Woche bis zu 5 Gramm Plastik (das entspricht dem Gewicht einer Kreditkarte – en Guäte!). Mikroplastik im Blut, ist das gut? Wir wissen es nicht. Langzeitstudien über die Wirkung von Mikroplastik im Blut beim Menschen sind noch offen. Wir werden es aber wohl oder übel in den kommenden Jahren selbst herausfinden.

Es gilt zu bedenken, dass es meist nicht das Plastik selbst ist, das gesundheitliche Schäden verursachen kann, sondern dessen Zusatzstoffe. Zur Verbesserung der Eigenschaften wird Plastik mit chemischen Zusätzen wie Weichmachern, Flammschutzmitteln oder Farbstoffen versetzt. Diese Stoffe werden – zum Beispiel – durch Alkohol und Fette in unsere Nahrungsmittel aufgenommen, sondern sich ins Wasser ab oder dünsten aus und gelangen so in die Luft. Die gesundheitsschädlichen Folgen können u.a. Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen bei Babies, Schäden an Nieren und Leber oder Hautprobleme sein.

Recycling, (k)eine Ausrede

Seit Anfang der 1950er Jahre wurden weltweit rund 8.3 Milliarden Tonnen Kunststoff hergestellt. Über 75% davon sind heute Müll. Mit diesem passiert folgendes:

  • 14% des Mülls wird recycelt (dabei handelt es sich vor allem um Downcycling zu minderwertigen Produkten)
  • 40% endet in Mülldeponien
  • 14% des Mülls wird verbrannt

Die restlichen 32% landen in der Umwelt, werden in Mülldeponien gelagert oder gelangen in Meere und andere Gewässer.

Der Abfall von Herr und Frau Schweizer besteht zu rund 20% aus Plastik. Etwa die Hälfte davon wird recycelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, werden in der Schweiz bereits seit 2000 keine brennbaren Abfälle mehr deponiert, d.h. die Kunststoffabfälle in der Schweiz werden alle umweltverträglich stofflich oder energetisch verwertet. Und das ist vorbildlich, denn das Verbrennen ist billiger als das Wiederverwerten – und wird aus diesem Grund oft auch bevorzugt. Aber auch unsere Plastikabfälle gelangen mitunter in die Umwelt und die Meere, sei es durch Littering oder durch den Export von Abfällen in den Schwellenländer.

Ein grosses Problem beim Recycling ist, dass es viele unterschiedliche Plastiksorten gibt. Nicht aus allen wird wieder ein Nutzgegenstand. Aus einer PET-Flasche wird zwar wieder eine Flasche, eine PET-Schale (z. B. für Gemüse) wird hingegen nicht recycelt. Auch Folien zu recyceln ist schwierig, die Anlagen dazu fehlen weitgehend. Ein geschlossener Kreislauf, bei welchem z. B. eine PET-Flasche wieder als PET-Flasche eingesetzt wird, ist möglich, aber die Ausnahme. Recycling ist oft «Downcycling» und aus PET-Flaschen wird keine neue Flasche, sondern Fasern für die Textilindustrie, die nicht erneut wiederverwertet werden können. Hinzu kommt, dass das Material bei jeder Behandlung an Qualität verliert.

Mit Plastik gehen viele Probleme für Mensch und Umwelt einher. Dennoch ist es aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und sollte auch nicht verteufelt werden. Vielmehr gilt es einen Weg zu finden, Plastik zu reduzieren und Alternativen zu finden. Auf Plastiksäcke (die nach durchschnittlich 30 Minuten im Müll landen) und Strohhalme aus Plastik verzichten? Jeder noch so kleine Schritt zählt – und Alternativen gibt es zu Genüge.

Baden geht voran, wir machen mit und du hoffentlich auch

Plastikexperiment Baden


Baden will ein Zeichen setzen und ruft die Bevölkerung auf, mit dem Plastik-Wahnsinn Schluss zu machen. Am Ursprung des Experiments steht der Badener Hausarzt Christoph Broens. Er stellte sich vor, wie ganz viele Menschen ein Experiment wagen und einen Monat auf Plastik verzichten. Aus dieser Vorstellung ist Realität geworden. Dutzende Menschen, organisiert in 20 Arbeitsgruppen, tragen auf ganz unterschiedliche Art und Weise dazu bei, dass aus dieser Vision eine Welle ins Rollen gebracht wird, die auf die gesamte Bevölkerung und mit ihr auch die Wirtschaft und Politik überschwappt.

Jetzt ist es soweit. Im März finden in Baden verschiedene Veranstaltungen und Workshops rund ums Thema Plastik statt. Auch wir sind Teil des Plastik Experiments und sind Teil der Arbeitsgruppe Wissen. Dazu haben wir eine Info-Broschüre erarbeitet und unterstützen beim Aufbau des Wissensportals wiki.plastikexperiment.ch.

Doch noch viel wichtiger als unser Engagement, ist dein Einsatz: Werde auch du Teil dieser Bewegung und hilf mit, die Zukunft ein Stück lebenswerter zu machen, indem du auf deinen Plastikverbrauch im Alltag achtest und versuchst, Alternativen zu finden.

7 einfache Tipps für den leichten Einstieg in ein Leben mit weniger Plastik

  1. Habe immer eine eigene Einkaufstasche dabei.
  2. Kaufe komplett unverpackte Lebensmittel ein oder zumindestens nicht in Plastik verpackte.
  3. Trinke Leitungswasser aus einer wiederverwendbaren Flasche.
  4. Hole dein Take-Away-Essen mit einem eigenen Mehrweggefäss.
  5. Sag nein zu Einweg-Plastikgeschirr, -besteck und -röhrli.
  6. Meide Kosmetikartikel mit Mikroplastik (die App Codecheck ist dir dabei behilflich, erhältlich für iOS und Android)
  7. Sprich mit deinem Umfeld über Plastik und sensibilisiere.

Mehr Informationen zum Experiment und zu den Veranstaltungen findest du auf www.plastikexperiment.ch.

Zurück zur Übersicht